Er ist hier der Boss
Im Finale eines Videospiels wartet immer wieder er auf uns: der größte, stärkste, schlaueste Widersacher von allen. Wir haben sieben Entwickler gefragt, welche Eigenschaften ein perfekter Endgegner haben sollte
Hirochimi Tanaka
Producer „Final Fantasy XIV“, Square Enix
Der perfekte Endgegner gibt sich erst im Kampf gegen mehrere Spieler geschlagen. Denn wenn man kooperieren muss, um ihn niederzuringen, schweißt das menschlich unglaublich zusammen.
Erwan Le Breton
Producer „Might?&?Magic: Heroes VI“, Black Hole Entertainment
Dem perfekten Endgegner begegne ich auf meiner Reise durch ein Spiel immer wieder. In vielen kleinen Scharmützeln beweist er mir, dass ich ihm noch nicht gewachsen bin, dass ich noch stärker werden muss, bis ich ihn endlich bezwingen kann. Wie er dabei aussieht, ist eigentlich egal. Hauptsache, er ist monolithisch. Ein achtköpfiger Drache vielleicht, bei dem jeder Kopf eine andere Attacke parat hat und nur für bestimmte Angriffe anfällig ist. Und wichtig ist natürlich auch, dass er eine glaubhafte Motivation hat – die kriegt man aber sogar bei achtköpfigen Drachen hin.
Peter Molyneux
Lead Designer „Fable III“, Lionhead
Ich entwerfe einen richtig gemeinen Typen. So eine Mischung aus Hitler, Mussolini und Sadam Hussein. Wenn du das erste Mal mit ihm zu tun bekommst, wirst du ihn widerlich finden. Nach zehn Minuten wirst du ihn hassen und nach zwanzig Minuten aus tiefstem Herzen verabscheuen. Und dann, wenn du nicht damit rechnest, werde ich ihn etwas tun lassen, das dich so berührt, dass du Sympathie für ihn empfindest. Dann lasse ich euch beide allein.
Raphael van Lierop
Producer „Warhammer 40k: Space Marine“, Relic
Der perfekte Endgegner ist in meinen Augen überhaupt kein Endgegner. Wir alle sehnen uns zwar danach, dass Konflikte aufgelöst werden – das ist nur natürlich –, ich finde aber Geschichten nicht spannend, in denen der Gegenspieler im finalen Kampf getötet wird. So läuft es schließlich im echten Leben auch nicht. Jedes Mal, wenn ein charakterstarker Bösewicht am Ende zu einem Riesenmonster mutiert, bin ich schwer enttäuscht.
Hideki Kamiya
Director „Bayonetta“, Platinum Games
Der perfekte Endgegner hat sich über die Zeit gewandelt. Früher dienten Bosse der Geschichte eines Spiels. Ein toller Boss war jemand, der durch sein Auftreten Zusammenhänge in der Spielwelt deutlich gemacht hat, die bei den bescheidenen erzählerischen Mitteln sonst nicht rübergebracht werden konnten. Heute ist ein Boss hauptsächlich die Amplitude in der Schwierigkeitskurve eines Spiels. Damals wie heute bietet der Kampf gegen den perfekten Endgegner dem Spieler ein kathartisches Erlebnis, das noch lange in seinem Herzen nachhallt.
Josh Sawyer
Project Director „Fallout: New Vegas“, Obsidian Entertainment
Ein perfekter Gegenspieler muss mich auf der Gefühlsebene innerlich zerreißen. Nichts ist langweiliger als Endgegner, die nur böse sind. Ich muss auch Sympathie für sie empfinden können. Kein Mensch baut sich ein Versteck in einem leeren Vulkan und versucht dann grundlos, die Weltherrschaft an sich zu reißen. Solche Figu-ren erschaffen wir Videospielentwickler nur, weil sie in das simple Schema von Gut und Böse passen.
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