15 Jahr, graues Ha!
Vor 15 Jahren erschien die PlayStation in Deutschland. Im Rahmen der Recherche zum Essay „Feier frei“ in der aktuellen Ausgabe des GEE Magazins hörte sich unser Autor Oliver Uschmann unter Fans, Lesern und Laien um, welche Fragen zu Sonys erster Konsole sie unbedingt einmal geklärt haben wollen. Die Antworten erarbeitete Uschmann gemeinsam mit Videospiele-Analyst Winnie Forster von GAMEplan. Sie werden fortan an dieser Stelle in einer dreiteiligen Serie veröffentlicht. Folge drei kommt am nächsten Montag.
„Wie gestaltete sich Sonys Firmenpolitik?“
Nach dem Motto „Umarmen und Einverleiben“. Sony hatte vor der Veröffentlichung der PlayStation bereits Spiele entworfen, aber wirklich überragende In-House-Entwicklerteams hatte die Firma im Gegensatz zu Sega und Nintendo nicht. Dieses Problem löste der Konzern, indem er andere Firmen entweder aufkaufte oder exklusiv an sich band, indem er sie bereits viele Jahre vor dem Start der Konsole zu einer exklusiven Partnerschaft verlockte. Nintendo-Lizenznehmer wie Capcom oder Konami waren leicht auf die eigene Seite zu ziehen, da sie der neue Fokus auf Echtzeit-3D reizte und es lukrativ zu sein schien, dem strengen Diktat Nintendos zugunsten des weniger risikobehafteten neuen Mediums CD zu entkommen, mit dem Spiele bedeutend billiger produziert werden konnten als in Form von Modulen. Firmen wie Namco („Ridge Racer“, „Tekken“), Capcom („Resident Evil“, „Dynasty Wars“) oder Square („Final Fantasy“) banden sich exklusiv an den Konzern, Firmen wie Psygnosis („Lemmings“, „WipeOut“) oder Millenium („Medievil“) wurden aufgekauft.
„Wie viele Modelle der PlayStation gab es?“
Fünf grundverschiedene Modelle und vier Versionen der Standardausführung (1000er, 5000er, 7000er und 9000er-Serie, Schritt für Schritt verbilligt und technisch entschlackt). Die überzeugendste Variante neben der Standardausführung ist die winzige PSOne von 2000, für die man einen kleinen, aufklappbaren LCD-Monitor erwerben konnte, falls mal kein Hotelfernseher in der Nähe ist. Die seltenste Variante ist die weiße PlayStation von 1997, die nur als Asien-Export erhältlich war und die dank MPEG1-Decoder Video-CDs abspielen konnte. Die exotischste Variante ist die Net Yaroze aus dem gleichen Jahr mit PC-Schnittstelle und Software, um selber Spiele zu programmieren, was extrem anspruchsvoll war. Ein Gerät, dass, so Winnie Forster, „in ganz Europa wohl nur eine überschaubare dreistellige Anzahl von Menschen besitzt.“ Ausschließlich für Spieleredaktionen wurden grüne und blaue „Debugging Stations“ herausgegeben.
„Wie programmierte man eigentlich für die PlayStation?“
Die bevorzugte Sprache der Entwickler war C und seine Varianten. Um während der Arbeit die Auswirkungen von Code-Änderungen auf das Spiel testen zu können, ohne erst alles komplett fertig machen zu müssen, arbeiten Studios und Einzelprogrammierer bis heute mit Tools, die eine Überprüfung und Überwachung ermöglichen. Diese meist selbst gebastelten „Benutzeroberflächen“ wurden und werden je nach Kontext weitergegeben (teils gar gratis) oder wie ein Staatsgeheimnis gehütet. Programme, Programmteile und Methoden der eigentlichen Spielprogrammierung wiederum werden entweder gestohlen (und wieder eingeklagt), lizenziert, selbst auf der Basis bisheriger Erfahrungen neu geschrieben oder aber mitsamt der ganzen Firma eingekauft. Zur PlayStation-Ära Mitte der 90er begann der Handel mit Tools, Engines und Middleware. Der Begriff „Engine“ meint ein ganzes Bündel von Routinen, mit denen man ein eigenes Spiel machen kann. Middleware sind Programme, die den Entwicklern bestimmte Aufgaben abnehmen, etwa die Einzelanfertigung von Explosionen oder Animationssequenzen. Die Programmierer müssen das Rad also nicht immer neu erfinden, aber genau wissen, wo sie Felgen, Reifen und Muttern herbekommen.
von Oliver Uschmann / Oktober 4th, 2010 /
Werden wir diesen Artikel auch in Printmedium wiederfinden?
Würde mich freuen